Andalusienmutti im Interview: Eine Deutsche in einer andalusischen Großfamilie
Eine deutsche Mama am südlichsten Zipfel Europas – so lautet die Blogüberschrift von Susannes Blog AndalusienMutti. Sie schreibt von ungewollten Ohrlöchern, zu lang und zu viel laufenden Fernsehern und noch vielen mehr, was den kleinen Unterschied in der Erziehung zwischen Deutschen und Spaniern ausmacht. Wir lesen sie sehr gerne und freuen uns daher noch mehr, dass sie sich ein paar Fragen gestellt hat.
Liebe Susanne, könntest du dich meinen Lesern bitte kurz vorstellen: Wer bist du, was machst du und was kann man auf deinem Blog lesen?
Ich bin Susanne, 34 Jahre alt und lebe seit neun Jahren in Andalusien. Seit 2,5 Jahren bin ich Mama einer wunderhübschen Tochter, sie wächst zweisprachig auf, da der Mann Spanier ist. Wir wohnen in einem kleinen Dorf, hier wurde der Mann geboren und auch seine Eltern leben hier. Und genau darüber schreibe ich auch auf meinem Blog: Wie es so ist, als Deutsche mitten in einer andalusischen Großfamilie. Ich schreibe über unseren Alltag, über die Missverständnisse, die sich manchmal ergeben, über spanische Traditionen und über die verschiedenen Ansichter der Kindererziehung, denn da gibt es wirklich krasse Unterschiede.
Du hast schon vor der Geburt deiner Tochter in Spanien gelebt, dein Mann ist Spanier und du bist daher nicht „ausgewandert“. Denkst du, das macht einen Unterschied in deiner Lebensweise und der Erziehung deines Kindes?
Ich bin ehrlich gesagt gar nicht so freiwillig nach Spanien gekommen. Während meines Erasmusaufenthalt in Italien lernte ich einen Spanier aus Málaga kennen, wir verliebten uns und er ist der Grund, warum ich hier gelandet bin. Die Beziehung hat dann zwar nicht gehalten, aber dageblieben bin ich trotzdem, denn ich hatte hier meine Arbeit, meine Freunde und später lernte ich DEN Mann kennen. Vieles finde ich gerade bei der Kindererziehung nicht so prickelnd und da ich keine überzeugte Auswanderin bin, sage ich das auch. Ich lebe sehr gern hier und immer, wenn ich in Deutschland bin, stelle ich fest, dass ich da nicht leben möchte, doch manche Dinge vermisse ich sehr. Die Arbeitsweise in Deutschland ist einfach eine andere und wie gesagt auch der Umgang mit Kindern. Ich versuche, meiner Tochter vieles von der deutschen Kultur mitzugeben. Der Mann und ich geraten manchmal deswegen aneinander, aber da müssen wir einen Mittelweg finden.
Gibt es Unterschiede bei der Erziehung zwischen deinem Mann und dir und wenn ja, denkst du, das ist kulturell bedingt?
Ja, den gibt es und ja, der ist defnitiv kulturbedingt. Das fängt beispielsweise beim Fernsehen an. Im Hause meiner Schwiegereltern steht ein Fernseher in jedem Raum und er ist auch immer angeschaltet. So findet es auch der Mann normal, dass bei uns der Fernseher stets läuft und das macht mich ganz rasend. In meiner Familie denkt niemand darüber nach, dass Kinder vielleicht nicht ganz so viel fernsehen sollten. Selbst meine 6 Moante alte Nichte wird schon mit Handy und TV beschallt. Und bei uns zu Hause habe ich mich jetzt wenigstens durchgesetzt, dass Mahlzeiten ohne TV-Beschallung eingenommen werden.
Was ist deiner Meinung nach die größte Herausforderung, wenn man in einem Land lebt, dessen Sprache nicht die Muttersprache ist?
Ich hatte ehrlich gesagt keine großen Probleme mich einzuleben, habe vorher ja auch schon im Ausland gewohnt. Manchmal macht mir die Mentalität der Menschen echt zu schaffen. Viele Jobs gibt es nur mit Vitamin B, die Korruptionsskandale häufen sich tagtäglich, alle wollen das beste für sich rausholen, aber ohne etwas dafür zu tun. Das fängt schon im kleinen Kreis an, dass man sich gegenseitig lobt, wenn man wieder irgendwo Strom angezapft hat, oder bei der Steuererklärung gemogelt hat. Solche Sachen kann ich nicht nachvollziehen. Wenn ich eine bestimmte Leistung, sei es Gesundheit oder Bildung, haben möchte, dann muss ich auch etwas dafür tun, wie meine Steuern richtig zahlen, denke ich mir halt. Als wir für ein Jahr in Budapest wohnten und meine Schwiegereltern uns besuchten, war einer der ersten Gedanken meines Schwiegervaters, wie er den Stromzähler, der bei uns im Flur angebracht war, knacken kann, damit wir weniger zahlen. Ich musste darüber lachen, doch danach habe ich ihn zurecht gewiesen, dass er bitte die Finger davon lässt. Das ist manchmal echt eine Herausforderung, diese Mentalität.
Dein Kind wächst zweisprachig auf. Hat sie das schon einmal ausgenutzt?
Noch redet meine Tochter gar nicht so viel und auf Deutsch nur ganz ganz wenig. Ich rede zwar konsequent nur Deutsch mit ihr, doch sie antwortet auf Spanisch. Aber ich denke, es ist auch noch zu früh sie darauf hinzuweisen, dass sie mit mir Deutsch reden soll. Wenn es soweit ist, wird das ganz lustig, denn der Mann versteht kein Deutsch. Wir hätten dann also unsere Geheimsprache.
Oft sind es ja die Menschen von außerhalb, die die „besten“ Erziehungstipps haben. Gerne kommt das auch mal von den Verwandten, die es bei dir ja in einer großen Zahl gibt. Wie ist das Verhältnis zu deiner Familie in Deutschland und in Spanien? Mischen sie sich ein bei der Erziehung deiner Tochter?
Meine Familie in Deutschland ist ja sehr klein. Doch wenn wir zu Besuch sind, haben mene Eltern immer gaaaaanz viele Ratschläge auf Lager und weisen mich gerne auf all die Sachen hin, die ich falsch mache. Darüber haben wir uns das letzte Mal richtig in die Haare gekriegt. Doch als ich meine Mutter dann fragte, wie sie es denn gehalten habe, als sie von ihrer Mutter diese Tipps bekommen hat und sie meinte, sie habe da gar nicht mehr hingehört, war mir klar, das mache ich nun auch so. Meine spanische Familie hat auch viele Ratschläge parat, die ich meist ziemlich abstrus finde. Ich sage dann ja ja und fertig. Sie haben nun auch gemerkt, dass ich ihre Tipps nicht wirklich beherzige und haken nicht weiter nach. Aber allgemein sind sie alle recht entspannt und ich habe schon Schlimmeres gehört.
Denkst du, dass Großeltern eher Fluch oder Segen sind?
Wenn man sie nicht allzu oft sieht, sind sie ein Segen. Meine Schwiegereltern nehmen uns viel ab, wenn wir keine Zeit haben. Wenn ich bis spät im Büro sitze und der Mann arbeitet, dann holen sie unsere Tochter ab und kümmern sich. Wir hatten auch schon den einen oder anderen Pärchenabend dank ihnen und das Gleiche gilt auch für meine Eltern. Ich versuche aber, dass der Kontakt nicht täglich stattfindet. Das wäre mir zu viel und dann würde der Segen schnell in einen Fluch umkippen. Es prallen ja hier nicht nur zwei Kulturen aufeinander, sondern auch der Generationsunterschied.
Was würdest du Eltern raten, die vor haben, sich in Spanien niederzulassen?
Vielleicht zuerst einen Spanischkurs machen. Spanier sind nämlich ganz schöne Fremdsprachenmuffel und wenn man ihre Sprache nicht beherrscht, kann es schwierig werden. Und dann würde ich eine gute Agentur suchen, die sich um die ganzen Behördengänge kümmert. Als ich hier ankam und mich überall anmelden musste, habe ich mehr als eine Träne vergossen, weil ich vollkommen überfordert war. Die Beamten waren nicht immer sehr freundlich, redeten schnell und für mich wirres Zeug. Erzählten immer wieder etwas anderes und schickten mich kreuz und quer duch die Stadt. Das wollte ich nicht noch einmal erleben.
Natürlich wollen wir auch wissen: Was ist das schönste/lustigste/skurrilste, was du mit deiner Tochter erleben durftest?
Was ich immer wieder skurril finde ist die Sache mit den Ohrlöchern. Hierzulande ist es ja üblich, spätestens zwei Wochen nach der Geburt den Mädchen Ohrlöcher zu verpassen. Wir haben das nicht gemacht, weil sowohl der Mann als auch ich da einer Meinung sind, dass das viel zu früh sei. Und obwohl ich dann sogar gewillt war, meiner Tochter rosa Kleidung anzuziehen, wurde sie sehr oft für einen Jungen gehalten. Mittlerweile kennt sie ja jeder im Dorf und weiß, dass sie ein Mädchen ist. Aber das war schon komisch, weil eigentlich ist es doch egal. Aber hier herrscht noch ganz schön die Geschlechterkennzeichnung. Sehr schön finde ich wiederum, dass wirklich alle im Dorf immer wahnsinnig sympathisch sind und mit ihr Faxen machen. Wir werden beim Spaziergang angehalten und es wird mit dem Kind rumgealbert. Das finde ich toll!
Empfiehlst du uns zum Schluss noch ein paar lesenswerte Blogs/ Twitterer/ Instagram-Eltern?
Also schöne Blogs finde ich zum Beispiel
- laecheln-und-winken.com
- mama-notes.de
- mama-on-the-rocks.blogspot.com
- mamablog-mamamia.com
- familienbetrieb.info
- ichlebejetzt.com
Auf Instagram folge ich unter anderem: Dani von Gluckeundso, Bettie von dasfrüheVogerl, Minimenschlein, Feiersun, tastesheriff, lifestylemommy, gedankenpotpourri, vonguteneltern, mamaschulze, euch natürlich und noch ganz vielen anderen, das würde hier den Rahmen sprengen. Das sind auch ganz tolle Blogs.
Auf twitter finde ich @MaraKolumna, @bleibCOOLmami, @aluberlin und @Runzelfuesschen toll. Aber auch hier gibt es noch zig Accounts denen ich auch folge, und die mich zum Schmunzeln bringen.
Liebe Susanne, vielen lieben Dank für deine offenen Worte und den Einblick in dein Leben. Ihr findet ihren Blog unter andalusienmutti.com, oder bei Facebook, Twitter und Instagram. Ich wünsche dir und deiner Familie alles erdenklich Gute und viel Kraft für die kommende Zeit.
Die Rechte an den Bildern liegen bei Susanne.
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